Kapital hat keine Seele

Ich bekenne, dass ich gewisse Erfahrungen im Diebstahl von Kapital habe und diese Eigenschaft mir wohl auch nicht mehr abgewöhnen werde. Es klingt jedoch schlimmer als es ist. Ich spreche in diesem Zusammenhang nur vom Diebstahl an geistigem Kapital.

An einem Sommerabend endete, wie schon fast üblich, ein Business-Treffen mit einem „get together“, also was früher der kleine Imbiss war. Egal, immer wieder gut für mich, um nach „Beute“ Ausschau zu halten und neue Menschen kennenzulernen.

An diesem Abend war es ein Mann von einer bedeutenden Bank im Land Berlin, verantwortlich für die großen Dinge im Kapitalgeschäft. Eigentlich wollte ich nur meine Meinung bestätigt haben, dass es im Moment nicht gerade eine gute Zeit für die Bank ist und das Kapital sich wohl nicht so gut vermehren lässt. Wie naiv von mir. Er machte mir an einem Beispiel bewusst, dass Kapital oder besser die Menschen, die es haben oder verwalten, auch in diesen Zeiten gute Wege finden, um es zu vermehren.

Sein Beispiel: „ Nehmen Sie momentan die Bereitschaft, Berlin zunehmend zu einer „Schlafstadt“ zu entwickeln. Jede mögliche Fläche soll bebaut werden, um noch mehr Menschen nach der Arbeit in der Stadt einen Platz zum Schlafen zu bieten.

Eine wahre Goldgräberstimmung bei allen, die Flächen besitzen. Dabei mache er keinen Unterschied ob es private Investoren oder städtische Wohnungsgesellschaften sind. Durch die hohe Bereitschaft in den Verwaltungen, das Bauen zu ermöglichen, werden Grundstückswerte besonders in günstigen Lagen zu einem Renditeprojekt. Jeder Innenhof, auf dem mit einem erfolgreichen B-Planverfahren eine zukünftige Bebauung gesichert ist, steigt in seinem Wert um 18 bis 25 %.

Selbst wenn nicht gebaut wird, kann diese Fläche an Interessenten verkauft werden oder auch zur Kapitalbeschaffung dienen. Eine zweite Tendenz ist, dass neue Wohnungen gebaut werden, jedoch nicht die Absicht besteht, diese zu verkaufen oder zu vermieten.
In einigen Jahren werden diese Objekte dann mit einer nicht zu verachtenden Wertsteigerung verkauft. Da sind Wohnungen, die nicht schon verwohnt sind eine gute Kapitalanlage. „

Ich gehe mit vielen Fragen nach Hause. Worum geht es eigentlich in den aktuellen Diskussionen um Schaffung von Wohnraum mit günstigen Mieten? Bekommen wir mal wieder nicht mit, dass es wohl doch nur um die Chance geht, jetzt Kapital zu vermehren?

Unternehmen leisten viel für unsere Gesellschaft und Gewinne gehören dazu. Ich will nur nicht das Gefühl haben, dass Profite auf Kosten des Gemeinwohls erzielt werden. Es sind gute Bedingungen vorhanden, um sich als Bürger einzumischen und auch Verantwortung zu übernehmen. Wo, wenn nicht im eigenen Kiez – unser Kapital ist, dass wir Viele sind – ein besonderes Kapital mit Seele.

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